Fragestellungen der Studie:

  • Welche Effekte hat das MZZ-Training auf mathematische Basiskompetenzen von Erstklässlern und Erstklässlerinnen, bei denen das Risiko einer Rechenschwäche besteht?

Rezension zur Studie

Ennemoser, M., Sinner, D. & Krajewski, K. (2015). Kurz- und langfristige Effekte einer entwicklungsorientierten Mathematikförderung bei Erstklässlern mit drohender Rechenschwäche. Lernen und Lernstörungen, 4(1), 43–59.FIS Bildung

Maßnahmen zur Identifikation und Förderung von mathematischen Basiskompetenzen sollen dazu dienen, Risiken für die Entwicklung einer Rechenschwäche frühzeitig zu erkennen und ihnen präventiv zu begegnen. Ennemoser et al. gehen der Frage nach, inwiefern das Programm „Mengen, zählen, Zahlen“ (MZZ) bei Erstklässlerinnen und Erstklässlern mit Rechenschwäche-Risiko die Zahl-Größen-Kompetenzen verbessert und ob sich ein Transfereffekt auf die Rechenleistung zeigt.

Hierzu wurden 64 Kinder mit Rechenschwäche-Risiko aus 13 deutschen Schulklassen aufgeteilt auf eine MZZ-Gruppe und eine Kontrollgruppe, die regulären Förderunterricht erhielt. Beide Gruppen bearbeiteten wiederholt Tests zu mathematischen Basiskompetenzen (MBK 1+) und zur Rechenleistung: Vor der Förderung (Prätest), nach der fünfwöchigen Förderung (Posttest) und drei Monate später (Follow-up). Kognitive Leistungsfähigkeit (CFT 1) wurde einmalig als Kontrollvariable erhoben. Ausgewertet wurden Wirkungen und Effekte des Programms mithilfe verschiedener statistischer Verfahren (Varianzanalysen mit Messwiederholung, Effektstärken nach Cohen, Pfadmodell mit Mediatoranalyse).

Bei vergleichbarer Ausgangslage zeigt die MZZ-Gruppe sowohl im Posttest als auch beim Follow-up einen signifikant größeren Zuwachs der gezielt geförderten Zahl-Größen-Kompetenzen. Hinsichtlich der nicht explizit trainierten Rechenleistungen übertrifft ihr Leistungszuwachs erst beim Follow-up den der Kontrollgruppe (zeitverzögerter Transfereffekt), wobei der Transfereffekt nicht nur durch die erworbenen Zahl-Größen-Kompetenzen verursacht wird, sondern wohl noch weitere, bspw. motivationale Faktoren zum Tragen kommen. Ein Einfluss der kognitiven Grundfähigkeit auf den Follow-up-Leistungszuwachs ist nicht belegbar.

Die Untersuchung deutet auf nützliche Effekte des MZZ-Programms hin, auch hinsichtlich des Transfers auf schulische Mathematikleistungen. Die Bedeutsamkeit der Effekte und die Generalisierbarkeit der Ergebnisse sind jedoch fraglich (u. a. keine großen Unterschiede in den Lernergebnissen, kleine Stichprobe, Durchführung des Programms durch Lehramtsstudierende, fehlende Kontrolle der Fördermaßnahmen in der Kontrollgruppe, keine Angaben zur Validität des Tests zur Erfassung der Rechenfertigkeit, begrenzte Berücksichtigung von Kontrollvariablen).

Nachfolgende Reflexionsfragen sind ein Angebot, die Befunde der rezensierten Studie auf das eigene Handeln als Lehrkraft oder Schulleitungsmitglied zu beziehen und zu überlegen, inwiefern sich Anregungen für die eigene Handlungspraxis ergeben. Die Befunde der rezensierten Studien sind nicht immer generalisierbar, was z. B. in einer begrenzten Stichprobe begründet ist. Aber auch in diesen Fällen können die Ergebnisse interessante Hinweise liefern, um über die eigene pädagogische und schulentwicklerische Praxis zu reflektieren.

Reflexionsfragen für Lehrkräfte:

  • Welche Aspekte bereiten Schülerinnen und Schülern beim Einstieg in die Schulmathematik nach meinen Erfahrungen besondere Schwierigkeiten? Welche SuS sind besonders betroffen? Welche Erfahrungen machen Lehrkräfte in höheren Klassenstufen?
  • Welche Verfahren zur Identifikation von Kindern mit potenziellen Rechenschwierigkeiten stehen mir zur Verfügung? Welche Erfahrungen liegen mit diesen vor?
  • Welche Förderprogramme und -materialien können genutzt werden? Wie können diese in den Unterricht integriert bzw. ergänzend bereitgestellt werden? Wie kann deren Erfolg überprüft werden? Wer kann unterstützen?
  • Welche Rolle können/ sollen Sorgeberechtigte in Bezug auf Förderstrategien spielen?
  • Wie schätze ich meine Kompetenz hinsichtlich der Identifikation von Rechenschwäche-Risiko sowie Umsetzung von Präventions- und Fördermaßnahmen ein? Welche Aus- und Fortbildungsangebote kann ich im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Mathematikunterrichts nutzen?

Reflexionsfragen für Schulleitungen:

  • Welche inhalts- und prozessbezogenen mathematischen Kompetenzen werden für Erstklässlerinnen und Erstklässler in den Rahmenlehrplänen meines Bundeslandes adressiert? Welche Standards sind festgesetzt?
  • Wie werden die Anforderungen in unserem schulinternen Curriculum umgesetzt? Welche didaktisch-methodischen Leitvorstellungen verfolgen wir? Welche Verknüpfungen zu anderen Fächern sind erforderlich?
  • Welche Aktivitäten zur mathematischen (Früh-)Förderung sind in den Bildungsplänen meines Bundeslandes verankert?
  • Welche Instrumente zur Schul- und Unterrichtsentwicklung stehen zur Verfügung (Evaluation, Diagnostik etc.), um die Wirksamkeit von Maßnahmen zu überprüfen?
  • Wie kann ich den Austausch über mathematische Kompetenzen und Rechenschwäche im Kollegium unterstützen? Wie kann ich eine schulintern abgestimmte Vorgehensweise zur Prävention und Förderung umsetzen?

Einleitend weisen Ennemoser et al. darauf hin, dass mit dem Begriff „mathematische Basiskompetenzen“ in der frühen Kindheit erworbene Vorläuferfertigkeiten und sehr grundlegende Fähigkeiten im mathematischen Bereich gemeint sind. Sie gelten als Ansatzpunkt zur Früherkennung von Fehlentwicklungen, z. B. Rechenschwäche, und für Präventionsmaßnahmen. Förderprogramme mit einer empirisch abgesicherten langfristigen Wirksamkeit existieren in diesem Bereich allerdings kaum.

Das Autorenteam führt verschiedene theoretische Modellierungen mathematischer Kompetenzentwicklung an. Im Modell der Zahl-Größen-Verknüpfung (ZGV-Entwicklungsmodell) wird davon ausgegangen, dass sich das Verständnis für den Zusammenhang von Zahlen und Größen auf drei Ebenen entwickelt. Ab dem Kleinkindalter können Kinder erste Zahlwörter in kurzen Folgen aufsagen, verknüpfen diese jedoch noch nicht (zwingend) mit Größenausdehnungen. Im Verlauf des Kindergartenalters lernen Kinder, Zahlen immer präziser mit verbalen Begriffen, die Mengen repräsentieren, zu verbinden und Größenunterscheidungen zwischen Zahlwörtern zu treffen. Auf der Ebene der Zahlrelationen schließlich verstehen Kinder, dass Mengen und Relationen zwischen Mengen mithilfe von Zahlwörtern präzise quantifiziert werden können.

Das ZGV-Modell unterscheide sich vom neuropsychologischen Modell von Dehaene (1992) durch die Fokussierung auf den Verlauf der Kompetenzentwicklung und von anderen entwicklungspsychologischen Theorien und Modellvorstellungen durch das „Grundprinzip minimalistischer Kompetenzzuschreibungen“ (ebd., S. 45), d. h., im ZGV-Modell werde darauf geachtet, beobachtete mathematische Fertigkeiten nicht durch optimistische Interpretationen systematisch zu überschätzen. Fördermaßnahmen, die sich am ZGV-Modell orientieren, setzten an basalen Verständnisebenen an.

Im Weiteren referieren Ennemoser et al. Forschungsbefunde, die belegen, dass mithilfe von Zahl-Größen-Kompetenzen, die bspw. in den Verfahren „MBK 0“ und „MBK 1+“ zur Diagnose mathematischer Basiskompetenzen erfasst werden, zum Zeitpunkt vor und kurz nach Schuleintritt die Entwicklung der Mathematikleistungen in der Grundschule vorhergesagt werden können und unzureichende Zahl-Größen-Kompetenzen eine Ursache für Rechenschwäche bei Grundschulkindern, aber auch bei Kindern in fünften und achten Klassen sind. Die Prognosekraft bleibe auch erhalten, wenn Intelligenz, soziale Schicht und frühe Rechenfertigkeiten kontrolliert werden, d. h., der Zusammenhang sei unabhängig von diesen Einflüssen.

Anschließend berichtet das Autorenteam über verschiedene Programme zur Förderung mathematischer Basiskompetenzen, deren Effekte untersucht wurden. So erreichten Teilnehmende des Programms „Additional Early Mathematics“ in einem Test zu Zahlbegriffen die Ergebnisse einer vergleichbaren Stichprobe ohne schwierige Ausgangslage. In einer zweiten Untersuchung zum Programm wurden erneut positive Auswirkungen auf unmittelbar trainierte Basiskompetenzen gefunden. Transfereffekte wurden bei einer Stichprobe, die auch sprachliche Probleme und Verhaltensauffälligkeiten aufwies, allerdings nicht nachgewiesen. Beim „Mental number line training“ zeigten Kinder mit und ohne Dyskalkulie in einem unmittelbar anschließenden Nachtest in den trainierten Bereichen bessere Leistungen, wobei nicht untersucht wurde, ob es sich um Testwiederholungseffekte handelt. Untersuchungen zum „Numerical board game“ zeigten, dass Teilnehmende an numerisch orientierten Trainings im Vergleich zu Kontrollgruppen mit nicht-numerischen Trainings kurzfristige Verbesserungen bei der Lösung von Zahlenstrahlaufgaben sowie der Kenntnis von Zahl- und Zählworten und Zahlvergleichsleistungen aufwiesen. In einem mathematischen Training mit räumlicher (Bewegungs-)Komponente erzielten Kinder bessere Lernerfolge; auch hier wurde allerdings keine Kontrollgruppe eingesetzt, um Wiederholungseffekte ausschließen zu können. Teilnehmende des Programms „Number Worlds“ erzielten nach der Förderung bessere Additions- und Subtraktionsleistungen als Kontrollgruppen mit anderen Trainings. Bei den vier letztgenannten Förderprogrammen wurden langfristige Auswirkungen und Transfereffekte auf schulische Mathematikleistungen allerdings nicht untersucht.

Nach der Beschreibung der Forschungslage zu anderen Trainings stellen Ennemoser et al. das  am ZGV-Modell orientierte Förderprogramm „Mengen, zählen, Zahlen“ (MZZ) vor, in dem die Entwicklung von Zahl-Größen-Kompetenzen auf den drei Ebenen (Zahlwörter ohne Größenbezug, Zahl-Größen-Verknüpfung, Zahlrelationen) mithilfe anschaulicher Materialien stimuliert wird. Das Programm umfasst in der Originalversion für den Einsatz im Kindergarten 24 Sitzungen zu je 30 Minuten und in einer für den Schulkontext adaptierten Version aufgrund des Verzichts auf Einheiten zu Ebene 1 und reduzierter Durchführungsdauern der einzelnen Einheiten insgesamt zehn Sitzungen. Eine Untersuchung der Wirksamkeit des Programms zeigte bei teilnehmenden Vorschulkindern größere Entwicklungsschritte bei den Zahl-Größen-Kompetenzen als bei Kontrollgruppen, die andere oder keine Förderung erhalten hatten. Der Effekt war auch nach sieben Monaten noch nachweisbar, ein Transfereffekt auf schulische Mathematikleistungen jedoch nicht.

Das Autorenteam vermutet, dass dies durch fehlende Übertragungsmöglichkeiten des Gelernten zwischen dem Training im Kindergarten und dem Schuleintritt begründet sei. Für Kinder in Vorklassen erbrachte die MZZ-Förderung gegenüber dem üblichen Mathematikanfangsunterricht in Vorklassen ebenfalls einen größeren Zuwachs bei den Zahl-Größen-Kompetenzen; es wurden jedoch nur die Trainingszeiträume und keine Transfereffekte untersucht. In schulischen Lernsettings zeigte sich, dass mithilfe des Deutschen Mathematiktests für erste Klassen (DEMAT 1+) identifizierte Risikokinder, die zum Ende des ersten Schuljahres an ausgewählten Sitzungen des Programms teilgenommen hatten, ihre schulischen Mathematikleistungen in signifikant, d. h. statistisch bedeutsamem, größerem Umfang verbesserten als diejenigen, die eine lesespezifische Förderung erhalten hatten. Auch für sonderpädagogische Lernsettings konnte die Wirksamkeit des MZZ-Programms belegt werden. Insgesamt wurden in den bisherigen Untersuchungen Förderpotenziale des MZZ-Programms bestätigt, langfristige Auswirkungen und Transfereffekte jedoch nicht durchgängig untersucht.

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, das MZZ-Förderprogramm hinsichtlich seiner Effektivität zur Steigerung von Zahl-Größen-Kompetenzen bei Erstklässlerinnen und Erstklässlern mit Rechenschwäche-Risiko zu überprüfen. Dabei werden auch langfristige Auswirkungen und Transfereffekte auf schulische Mathematikleistungen untersucht. Zentrale Fragestellungen sind:

  • Welche kurz- und langfristigen Effekte hat das MZZ-Training auf die Entwicklung der Zahl-Größen-Kompetenzen von Erstklässlern und Erstklässlerinnen, bei denen das Risiko einer Rechenschwäche identifiziert wurde?
  • Inwieweit wirkt sich der Zuwachs im Bereich Zahl-Größen-Kompetenzen auf die nachfolgende Entwicklung von Rechenfertigkeiten aus?

Das Autorenteam bezog 111 Erstklässlerinnen und 127 Erstklässler aus 13 deutschen Schulklassen in das Screening-Verfahren (MBK 1+) zur Erfassung von Zahl-Größen-Kompetenzen ein, um Kinder mit dem Risiko zur Entwicklung einer Rechenschwäche zu identifizieren. Der erste Messzeitpunkt lag vier Monate nach Schuleintritt (Prätest im Dezember). Bei 66 Teilnehmenden identifizierte das Autorenteam ein Risiko (Prozentrang unter 25) und teilte sie auf Klassenebene randomisiert, d. h. mithilfe eines Zufallsmechanismus, auf eine Förder- und eine Kontrollgruppe auf. Für 64 Kinder wurden Ergebnisse zu allen Messzeitpunkten generiert; in beiden Gruppen waren jeweils 32 Kinder. Das Geschlecht der Kinder war in beiden Gruppen gleichmäßig verteilt.

Die Fördergruppe arbeitete innerhalb von fünf Wochen je zwei Schulstunden an den zehn Sitzungen des MZZ-Programms, während die Kontrollgruppe an regulären Förderstunden der Schulen teilnahm. Nach Abschluss des Förderprogramms (Posttest im März) sowie weitere drei Monate später (Follow-up-Test im Juni) nahmen Förder- und Kontrollgruppe erneut an einer Vorversion des Gruppentests „Mathematische Basiskompetenzen ab Schuleintritt“ (MBK 1+) teil (Subtests Ebene 1: Zahlendiktat, Zahlenlücken; Ebene 2: Anzahlkonzept, Zahlenstrahlaufgabe, Zahlvergleiche, Anzahlseriation; Ebene 3: Teil-Ganzes-Verständnis, Zahlzerlegung, Textaufgaben).

Zusätzlich wurde immer auch die Rechenleistung der Kinder überprüft, indem diese möglichst viele von 20 Additions- und 10 Subtraktionsaufgaben in vorgegebener Zeit lösen sollten. Zu einem Zeitpunkt wurde die kognitive Grundfähigkeit als Kontrollvariable, d. h. ein Aspekt, dessen Einfluss in der Analyse gesondert betrachtet wird, mit einer Kurzform der Grundintelligenztest Skala 1(CFT 1) zur Erhebung der nonverbalen Intelligenz erfasst.
Zum Testverfahren MBK 1+ lassen sich im Internet die Zuverlässigkeit (Retest-Reliabilität zwischen .67 und .77; interne Konsistenz zwischen .83 und .94) und Testgültigkeit (u. a. Korrelationen mit der Mathematiknote zwischen -.53 und -.62) sowie Angaben zur Bearbeitungsdauer nachschlagen. Es handelt sich um einen Gruppentest, d. h., alle Kinder nehmen gleichzeitig am Test teil. Auch für den CFT 1 können die entsprechenden Angaben im Internet nachgeschlagen werden.

Es handelte sich um ein 2-Gruppen-Prätest-Posttest-Follow-up-Design, bei dem für die Förder- und die Kontrollgruppen Daten zu insgesamt drei Messzeitpunkten im Längsschnitt verknüpft wurden.
Für die Prüfung der Vergleichbarkeit von Förder- und Kontrollgruppe nutzte das Autorenteam Mittelwertvergleiche (t-Tests für unabhängige Stichproben). Diese zeigten, dass sich Förder- und Kontrollgruppe zum Zeitpunkt des Prätests hinsichtlich Zahl-Größen-Kompetenzen (t[62] = 1.4, p = .16) und Rechenleistungen (t[62] = -.21, p = .84) sowie hinsichtlich ihrer nonverbalen Intelligenz (t[62] = 1.6, p = .12) nicht statistisch signifikant voneinander unterschieden. Förder- und Kontrollgruppe erreichten beim CFT 1 durchschnittliche Punktzahlen von 19.81 (s = 6.7) bzw. 22.03 (s = 4.4), was einem durchschnittlichen IQ von 96 bzw. 100 entsprach. Die nonverbale Intelligenz wurde in den weiteren Analysen mitberücksichtigt, d. h., ihr Einfluss auf die Testergebnisse wurde mit statistischen Mitteln ausgeblendet. Um Effekte des MZZ-Programms zu ermitteln, führten Ennemoser et al. Varianzanalysen mit Messwiederholung durch und berechneten korrigierte Effektstärken nach Cohen. Zur Überprüfung des Zustandekommens von Transfereffekten entwickelten sie ein Pfadmodell (Mediatoranalyse).

Zahl-Größen-Kompetenzen
In den Varianzanalysen mit Messwiederholung zeigen sich hinsichtlich der Zahl-Größen-Kompetenzen signifikante Haupteffekte des Testzeitpunkts (Prä-/Posttest: F[1,61] = 8.7, p < .01; Prä-/Follow-up-Test: F[1,61] = 6.3, p < .05) und der Intelligenz (Prä-/Posttest: F[1,61] = 4.3, p < .05; Prä-/Follow-up-Test: F[1,61] = 4.5, p < .05), d. h., Kinder entwickeln zwischen Prä- und Posttest sowie Prä- und Follow-up-Test ihre Zahl-Größen-Kompetenzen, wobei Kinder mit einer höheren nonverbalen Intelligenz jeweils über bessere Zahl-Größen-Kompetenzen verfügen.

Werden Testzeitpunkt und Versuchsbedingung gemeinsam betrachtet, zeigen sich für die Fördergruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe kurz- und längerfristig signifikant günstigere Entwicklungen ihrer Zahl-Größen-Kompetenzen (Prä-/Posttest: F[1,61] = 6.2, p < .05; Prä-/Follow-up-Test: F[1,61] = 6.3, p < .05), was, so das Autorenteam, auf die Wirksamkeit des MZZ-Programms hindeute.
Die um Prätest-Unterschiede korrigierten Effektstärken nach Cohen weisen kurz- und längerfristig jeweils mittlere Effekte aus (Prä-/Posttest: d = 0.64; Prä-/Follow-up-Test: d = 0.69). Werden Testzeitpunkt und nonverbale Intelligenz gemeinsam betrachtet, zeigt sich keine signifikante Interaktion (Prä-/Posttest: F[1,61] = 1.10, p = .30; Prä-/Follow-up-Test: F[1,61] = 0.70, p = .41), d. h., die Kompetenzentwicklung zwischen Prä- und Posttest sowie Prä- und Follow-up-Test ist nicht vom Intelligenzniveau abhängig.

Rechenleistung
Für die Rechenleistung ergeben sich kurzfristig ein signifikanter Haupteffekt des Testzeitpunkts (F[1,61] = 25.4, p < .01) und eine signifikante Interaktion des Testzeitpunkts mit der nonverbalen Intelligenz (F[1,61] = 5.2, p < .05), d. h., die Entwicklung der Rechenleistungen zwischen Prä- und Posttest fällt bei Kindern mit höherer nonverbaler Intelligenz größer aus. Bis zum Follow-up sind die Haupteffekte Testzeitpunkt (F[1,61] = 29.9, p < .01) und Versuchsbedingung (F[1,61] = 4.1, p < .05) sowie die Interaktion zwischen beiden (F[1,61] = 4.9, p < .05) statistisch signifikant, d. h., die Fördergruppe erzielt zwischen Prä- und Follow-up-Test einen größeren Zuwachs der Rechenleistung als die Kontrollgruppe.

Diese zeitliche Verzögerung des Effekts könne, so das Autorenteam, darauf hindeuten, „dass die MZZ-geförderten Risikokinder aufgrund ihrer trainingsbedingt verbesserten Basiskompetenzen nachfolgend auch vom regulären Mathematikunterricht besser profitieren konnten“ (ebd., S. 43). Die um Prätest-Unterschiede korrigierte Effektstärke nach Cohen weist langfristig einen mittleren Effekt aus (d = 0.52). Der Haupteffekt nonverbale Intelligenz (F[1,61] = 2.55, p = .12) und die Interaktion mit dem Testzeitpunkt (F[1,61] = 0.17, p = .70) sind nicht signifikant, d. h., der Einfluss nonverbaler Intelligenz auf die Entwicklung der Rechenleistungen nimmt im Zeitverlauf ab.

Mediatoranalyse
Das vom Autorenteam entwickelte Pfadmodell stützt nur teilweise die Annahme, die längerfristig größere Entwicklung der Rechenleistung der Fördergruppe könne allein auf die im MZZ-Programm stimulierte Entwicklung von Zahl-Größen-Kompetenzen zurückgeführt werden.

Der Effekt der Leistungen im Prätest auf die Ergebnisse des Posttests liegt bei den Zahl-Größen-Kompetenzen bei β = .44 (p < .01). Bei der Rechenleistung ergibt sich zwischen Prä- und Follow-up-Test β = .32 (p < .01). Die Analyse des Effekts der MZZ-Förderung auf die Follow-up-Ergebnisse der Rechenleistung erbringt, dass ein direkter Pfad auch dann signifikant bleibt (β = .22, p < .05), wenn ein indirekter Effekt vermittelt über die Posttest-Ergebnisse bei den Zahl-Größen-Kompetenzen (β = .22, p < .05) auf die Follow-up-Ergebnisse der Rechenleistung (β = .35, p < .01) modelliert wird.

Die MZZ-Förderung zielt auf Zuwächse bei den Zahl-Größen-Kompetenzen und nicht unmittelbar auf die Rechenleistung ab. Dennoch bleibt bei Kontrolle des indirekten Trainingseffekts der direkte Trainingseffekt der MZZ-Förderung auf die Rechenleistung im Follow-up-Test bestehen. Dies zeigt, „dass die langfristigen Vorteile der MZZ-geförderten Kinder gegenüber der Kontrollgruppe noch durch weitere, nicht im Modell enthaltene Mediatorvariablen vermittelt wurden“ (ebd., S. 52). Dies könnten, so das Autorenteam, insbesondere motivationale Faktoren, etwa im Bereich des Selbstkonzepts und der Selbstwirksamkeitserwartung, sein oder könnte durch verbesserte mentale Zahlenrepräsentationen vermittelt werden.

Fazit
Insgesamt kommt das Autorenteam zum Ergebnis, dass Erstklässlerinnen und Erstklässler mit Rechenschwächerisiko wirksam durch das MZZ-Programm gefördert werden könnten. Zahl-Größen-Kompetenzen würden entwickelt und als Transfereffekt langfristig gesteigerte Rechenleistungen erzielt, da die geförderten Kinder erworbene Fertigkeiten unmittelbar im schulischen Mathematikunterricht anwenden könnten.

Hintergrund
Untersuchungen der Wirksamkeit von Förderprogrammen für mathematische Vorläuferfertigkeiten sind für die schulische Praxis grundsätzlich hochrelevant, da mathematische Basiskompetenzen als Ansatzpunkte zur Früherkennung von Rechenschwächerisiken und für Präventionsmaßnahmen dienen können. Das Modell der Zahl-Größen-Verknüpfung (ZGV-Modell) kann zur Abbildung einer solchen frühen mathematischen Kompetenzentwicklung herangezogen werden.

Das für diese Studie ausgewählte Förderprogramm „Mengen, zählen, Zahlen“ (MZZ) orientiert sich an diesem Modell. Das Autorenteam referiert vorliegende Befunde, nach denen für teilnehmende Vorschulkinder, Kinder in Vorklassen, Schulkinder mit Rechenschwäche und in sonderpädagogischen Lernsettings jeweils größere Entwicklungen der Zahl-Größen-Kompetenzen gefunden wurden als für Kontrollgruppen ohne oder mit anderer Förderung. Auf langfristige Auswirkungen des MZZ-Programms und Transfereffekte auf schulische Mathematikleistungen wurde in bisherigen Untersuchungen jedoch nicht durchgehend fokussiert.

Für die vorliegende Untersuchung hat das Autorenteam eine neue Zielgruppe (Kinder mit Rechenschwäche-Risiko) gewählt und die Fragestellungen um die Berücksichtigung von längerfristigen Wirkungen und Transfereffekten erweitert. Eine differenzierte Operationalisierung von Wirksamkeit erfolgt jedoch nicht, d. h., die Frage, wie Wirksamkeit messbar gemacht werden soll, wird letztlich erst aus der Interpretation der Ergebnisse ersichtlich. Es wird bspw. nicht definiert, welcher Kompetenzzuwachs bei den Zahl-Größen-Kompetenzen und Rechenfertigkeiten mit dem MZZ-Programm, auch im Vergleich zur Kontrollgruppe, mindestens erreicht werden soll, um das Programm als wirksam einzustufen. Für die Wirksamkeit wird zudem nur auf den Lernerfolg (konkret: die Testergebnisse) fokussiert, während andere Aspekte, etwa die Akzeptanz des Programms oder die Qualität der Lernumgebung, sowie neben der nonverbalen Intelligenz weitere mögliche Kontrollvariablen unberücksichtigt bleiben.

Auf Kompetenzentwicklung zu fokussieren, ist aus didaktischer Perspektive gut nachvollziehbar, allerdings wird der zugrunde gelegte Kompetenzbegriff nicht näher bestimmt. Der Hinweis des Autorenteams, dass die Förderung der Zahl-Größen-Kompetenzen durch das MZZ-Programm auf grundlegende mathematische Fertigkeiten ausgerichtet ist, legt die Vermutung nahe, dass lediglich Teilaspekte von Kompetenz explizit gefördert werden. Offenbar geht es dem Autorenteam im Kern um die im ZGV-Modell konkret benannten Fertigkeiten, während für erziehungswissenschaftliche Kompetenzbegriffe zentrale Aspekte wie Fähigkeiten, Kenntnisse, Motivation und Volition unberücksichtigt bleiben.

Aus der detaillierten Beschreibung des eingesetzten Testverfahrens (MBK 1+) können die Operationalisierung von Zahl-Größen-Kompetenzen sowie ggf. Vermutungen über die Inhalte des MZZ-Programms abgeleitet werden, doch da dem Aufsatz darüber hinaus nur wenig über die genauen Inhalte und das didaktische Konzept des Förderprogramms zu entnehmen ist, können Leserinnen und Leser die Anschlussfähigkeit an eigenes didaktisches Handeln schwer abschätzen.

Die Sichtweise des Autorenteams, ein Rechenschwäche-Risiko sei auf unzureichend entwickelte mathematische Basiskompetenzen zurückzuführen und deshalb über fachlich fundierte Förderung durch die Gestaltung entsprechender Lerngelegenheiten entwickelbar, knüpft an fachdidaktische Argumentationen an. Demgegenüber stehen lern- und verhaltenspsychologische Erklärungsansätze, die stärker auf Lernsituationen und -prozesse und damit auf organisatorische und individuelle Bedingungen fokussieren, die über mathematikspezifische Förderung allein nicht zu kompensieren sind. Beispiele wären u. a. Ansätze zur Gestaltung lernförderlicher Arbeitsumgebungen, etwa durch die Art der Raumgestaltung, das Schaffen von Anlässen für Lernaktivitäten oder die Bereitstellung adaptiver Lernaufgaben je nach Leistungsniveau, sowie die Förderung der Entwicklung von Lernstrategien, Motivation und Selbstorganisation. Die Wirksamkeit der fachlichen Förderung kann mit solchen Aspekten in Wechselwirkung stehen.

Der durch das Autorenteam entwickelte Test mathematischer Basiskompetenzen ab Schuleintritt (MBK 1+) sowie das durch eine Mitautorin entwickelte MZZ-Programm werden im Internet zum Kauf angeboten.

Design
Ziel der Untersuchung und Vorannahmen sind nachvollziehbar beschrieben. Kriterien für die Auswahl der am Screening-Verfahren teilnehmenden Schulklassen und die Festlegung der Messzeitpunkte werden nicht benannt. Ein Rechenschwäche-Risiko wird bei einer Testleistung unterhalb eines Prozentrangs von 25 angenommen. Die Festlegung wird im vorliegenden Aufsatz nicht weiter begründet. Das eingesetzte Testverfahren MBK 1+ sowie die Erfassung der Rechenleistung sind ausreichend beschrieben; warum das Autorenteam den CFT 1 zur Erfassung der nonverbalen Intelligenz ausgewählt hat und welche Aspekte mit der Skala im Detail erfasst werden, wird im Aufsatz nicht erläutert.

Das Autorenteam bezieht sich auf ein Entwicklungsmodell (ZGV-Modell), setzt zur Überprüfung der Wirksamkeit aber Tests ein, über die letztlich die Performanz der Kinder zu bestimmten Zeitpunkten erfasst wird. Die Kompetenzentwicklung der Kinder wird aus der längsschnittlichen Verknüpfung der Testergebnisse abgeleitet. Die zu einem Testzeitpunkt gezeigte Leistung eines Kindes kann jedoch bspw. durch tagesaktuelle Ereignisse oder Prüfungsangst beeinflusst sein, so dass die Performanz zu einem bestimmten Zeitpunkt nur bedingt Auskunft über die bei einem Kind möglicherweise vorhandene Kompetenz liefern kann. Zudem kann die wiederholte Erhebung zu Trainingseffekten führen, etwa weil Situation und Aufgabentypen mit der Zeit bekannt sind, durch die positive Ergebnisse erzielt werden, die nicht unbedingt auf tatsächliche Kompetenzentwicklung zurückzuführen sind.

Der Erhebungsplan ist hinsichtlich der Messzeitpunkte nachvollziehbar dokumentiert. Inwieweit ein Follow-up-Test drei Monate nach Förderende geeignet ist, um langfristige Effekte zu überprüfen, kann diskutiert werden. Für die Wahl des Zeitpunkts spricht, dass der Follow-up-Test am Ende des ersten Schuljahres stattfindet, also vor einer längeren Anwendungspause durch die Sommerferien und bevor weitere Themenbereiche der Mathematik in der zweiten Klasse erarbeitet werden. Ob tatsächlich eine Kompetenzentwicklung stattgefunden hat, wäre nach einem längeren Zeitraum jedoch verlässlicher zu bewerten, da dann deutlich wird, ob Handlungssicherheit auch in bisher unbekannten Situationen besteht und ob an erworbene Kompetenzen angeknüpft werden kann. Über die Nachhaltigkeit des Förderprogramms könnten bspw. zusätzliche Messzeitpunkte in der zweiten Klasse Aufschluss geben. Über das Setting, in dem die Tests stattgefunden haben, sind keine Details, wie etwa die Testdauer oder -administration, enthalten.

Das für die Erfassung von Zahl-Größen-Kompetenzen eingesetzte Testverfahren MBK 1+ bezieht sich auf alle drei Ebenen des ZGV-Entwicklungsmodells, während das MZZ-Förderprogramm bei Schulkindern auf Ebene zwei und drei ansetzt. Bei den Testaufgaben auf Ebene eins konnten neun der insgesamt 35 Punkte (rund 25 %) erzielt werden. Das Autorenteam betont für das Programm die Bedeutung der Verbalisierung numerischer Beziehungen und Reflexion numerischer Handlungen, die sich im MBK 1+ nicht widerspiegelt, sowie das Ausklammern von Rechenaufgaben auf Symbolebene, die jedoch Bestandteil der MBK 1+ Aufgaben sowie der Erfassung der Rechenleistungen sind. Die Förderbereiche des MZZ-Programms werden durch den MBK 1+ somit nicht vollständig erfasst, so dass die Wirksamkeit des Programms nur zum Teil untersucht wird. Möglicherweise können mit dem Programm weitere positive Effekte erzielt werden. Gleichzeitig wird beim MBK 1+ sowie Rechenleistungstest ein Aufgabentyp eingesetzt, der im Programm nicht unmittelbar trainiert wird. Die erzielten Testergebnisse sind somit auch auf Aspekte außerhalb des Programms zurückzuführen, z. B. Unterricht oder weitere Förderungen, ohne dass diese differenziert betrachtet werden könnten.

Das Autorenteam macht keine Angaben zur Güte der eingesetzten Instrumente oder der Vorgehensweise bei der Datenaufbereitung. Ergebnisse werden jeweils für die Förder- und die Kontrollgruppe zusammengefasst dargestellt. Die gewählten statistischen Berechnungsverfahren sind angemessen.

Es liegt eine Revision der Skala (CFT 1-R) von 2012 vor, die vom Autorenteam jedoch nicht berücksichtigt wurde. Hinsichtlich der Überprüfung der Rechenleistungen verweist das Autorenteam selbst darauf, dass standardisierte, auf das Curriculum bezogene Tests aussagekräftiger wären.

Ergebnisse
Die Ziele der Untersuchung werden teilweise erreicht. Für die Fördergruppe werden im Vergleich zur Kontrollgruppe zum Ende des Förderprogramms sowie drei Monate später signifikant größere Zugewinne im Bereich der Zahl-Größen-Kompetenzen sowie zum letzten Zeitpunkt auch vergleichsweise stärker verbesserte Rechenleistungen nachgewiesen. Die um Prätest-Unterschiede korrigierten Effektstärken nach Cohen werden durch das Autorenteam als mittlere Effekte bewertet. Die Ergebnisse interpretieren sie als Wirksamkeit des MZZ-Programms bei Kindern mit Rechenschwäche-Risiko.

Zur Frage der Bedeutsamkeit dieser Effekte ist anzumerken, dass die im Post- und Follow-up-Test vorliegenden Mittelwertdifferenzen zwischen Förder- und Kontrollgruppe bei den Zahl-Größen-Kompetenzen und Rechenleistungen eher moderat ausfallen: Die erzielten Testergebnisse unterscheiden sich zwischen Förder- und Kontrollgruppe im Schnitt lediglich um etwa eineinhalb bis zweieinhalb Punkte. Diese Unterschiede erscheinen in Anbetracht der im 7-monatigen Untersuchungszeitraum erzielten durchschnittlichen Zuwächse (10-11 Punkte) kurzfristig egalisierbar. Des Weiteren bestätigt die Mediatoranalyse lediglich eine partielle Mediation und der Gesamteffekt der Förderung auf die Follow-up-Test-Rechenleistung ist im Pfadmodell nicht groß. Dies deutet darauf hin, dass nicht allein eine fachlich fundierte Förderung für die Kompetenzentwicklung ausschlaggebend ist, sondern weitere Bedingungen, bspw. die Ausgestaltung von Lernsituationen und -prozessen, zum Tragen kommen können und insofern die ohnehin gering anmutenden Mittelwertdifferenzen nur teilweise auf die spezifische fachliche Förderung durch das MZZ-Programm zurückzuführen sind.

Inwieweit die erzielten Effekte auf das Programm selbst zurückgeführt werden können, ist daher kritisch zu hinterfragen. Das Autorenteam führt als Grenzen der Untersuchung selbst an, dass die Fördermaßnahmen in den Kontrollgruppen nicht systematisch kontrolliert wurden und Zuwendungseffekte durch die Durchführung der MZZ-Förderung durch Lehramtsstudierende entstanden sein könnten. Es schlägt deshalb die Durchführung des Programms durch Lehrkräfte der jeweiligen Schule vor, was eine weitere Professionalisierung der Mathematiklehrkräfte erfordern würde. Zudem werden weitere denkbare Einflüsse auf die Entwicklung von Zahl-Größen-Kompetenzen nicht kontrolliert, etwa zusätzliche Förderungen und Übungen im außerschulischen Bereich, motivationale Faktoren oder weitere vorliegende Problemlagen neben dem Rechenschwäche-Risiko.

Warum sich die verbesserten Rechenleistungen erst drei Monate nach der Förderung zeigen, erklärt das Autorenteam mit der Annahme, dass die verbesserten Zahl-Größen-Kompetenzen dazu geführt haben, dass die geförderten Kinder dem regulären Mathematikunterricht besser folgen konnten. Dies solle bspw. auch dazu geführt haben, dass negative Selbstkonzepte und geringere Selbstwirksamkeitserwartungen abgebaut würden. Die Vermutung, dass Erfolgserlebnisse Selbstkonzepte und Selbstwirksamkeitserwartungen positiv beeinflussen, ist nachvollziehbar. Inwieweit diese auf das MZZ-Programm zurückgeführt werden können, ist aufgrund der oben genannten Punkte jedoch nicht eindeutig zu klären.

Einen optimalen Förderzeitpunkt benennt das Autorenteam nicht, da für den kindergarten- oder klassenintegrierten Einsatz als primärpräventive Maßnahme und den Einsatz als sekundärpräventive Maßnahme für selektierte Gruppen abweichende Befunde hinsichtlich der erzielbaren Transfereffekte und Förderzeitpunkte bestünden. Das Autorenteam vermutet, es empfehle sich eine integrierte Förderung im Anfangsunterricht, um Entwicklungslücken vorzubeugen, während die Förderung von Kindern mit Entwicklungslücken auch noch einige Monate später wirksam sei. Das ZGV-Modell habe Gültigkeit und solle in der pädagogischen Praxis insbesondere im Hinblick auf mathematische Fördermaßnahmen Berücksichtigung finden. Die Untersuchungsergebnisse sprächen für die Orientierung an einer verständnisorientierten Kompetenzentwicklung.

Als Grenze der Studie benennt das Autorenteam die Berücksichtigung einer relativ kleinen Stichprobe, weshalb Replikationsstudien erforderlich seien und differenziertere Fragestellungen, etwa nach dem Einfluss der Fördergruppengröße, nicht bearbeitet werden könnten. Die Erfassung der Rechenleistung über standardisierte, auf das Curriculum bezogene Tests hielte das Autorenteam für aussagekräftiger. Einen weiteren Schwachpunkt der Untersuchung sieht es darin, dass die Fördermaßnahmen in den Kontrollgruppen nicht systematisch kontrolliert wurden und lediglich die MZZ-Förderung durch externe Trainer (Lehramtsstudierende) erfolgte, was Zuwendungseffekte verursacht haben könnte. Zur Erprobung des MZZ-Programms in der schulischen Alltagspraxis schlägt das Autorenteam die Durchführung durch Lehrkräfte der jeweiligen Schule vor.

Vor dem Hintergrund der IQB-Bildungstrend-Ergebnisse im Bereich Mathematik ist die Relevanz wirksamer Präventions- und Förderprogramme offensichtlich. Das Potenzial des MZZ-Programms als Präventionsmaßnahme wäre deshalb auch unter dem Aspekt der curricularen Anbindung und Nachhaltigkeit weiter zu beleuchten und in lernpsychologische und fachdidaktische Zusammenhänge einzuordnen. Zur Berücksichtigung lernpsychologischer Einflussfaktoren bei der Wirksamkeitsuntersuchung des MZZ-Programms könnten weitere (Kontroll-)Variablen, etwa Motivation oder Lernaktivitäten, in die Untersuchung einbezogen werden. Da die Testung mit dem MBK 1+ die Förderschwerpunkte des MZZ-Programms nur teilweise abdeckt, könnten für weitere Untersuchungen alternative Testverfahren zur Erfassung der Kompetenzentwicklung zum Einsatz kommen. Denkbar wären bspw. adaptive Trainings- und Testverfahren, die mit digitalen Werkzeugen umsetzbar wären.

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Diese Rezension wurde erstellt von:
Claudia Vogeler, Dipl.-Soz., Wissenschaftliche Referentin in der Stabsstelle für Forschungskooperation und Datengewinnungsstrategie des Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung der Behörde für Schule und Berufsbildung in Hamburg.

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