Fragestellungen der Studie:
Rezension zur Studie
Gebhard, S. , Happe, C., Paape, M., Riestenpatt, J. , Vägler, A., Wollenweber, K. U. & Castello, A. (2014). Merkmale und Bewertung der Kooperation von Sonderpädagogen und Regelschullehrkräften in inklusiven Unterrichtssettings. Empirische Sonderpädagogik, (6)1, 17–32.FIS BildungDie Autorinnen und Autoren untersuchen auf der Basis einer Fragebogenerhebung die Merkmale der teambezogenen Kommunikation und die Bewertung der Kooperation von Lehrkräften in Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, welche im Rahmen gemeinsamen inklusiven Unterrichts zusammenarbeiten. Dabei wurden auch Unterschiede in der Bewertung der Kooperation z.B. zwischen den Sonderpädagoginnen und –pädagogen und den Regelschullehrkräften untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Teamkommunikation zwischen den beiden Berufsgruppen vor allem häufig „zwischen Tür und Angel“ stattfindet und inhaltlich vorrangig schülerbezogene Merkmale wie Lernstand sowie organisatorische Fragen zum Gegenstand hat, weniger jedoch didaktische oder diagnostische Aspekte. Die Gesamtbeurteilung der Kooperation zeigt zwar zunächst ein positives Bild, die detaillierte Auswertung belegt jedoch, dass die Zusammenarbeit von den beteiligten Sonderpädagoginnen und –pädagogen in der Regel kritischer beurteilt wird als von den Regelschullehrkräften. Sie schätzen die Zusammenarbeit im Vergleich mit den Regelschullehrkräften z.B. weniger als arbeitserleichternd ein und bewerten sie auch weniger als Bereicherung für die Schülerschaft. Die Autorinnen und Autoren schlussfolgern, dass zwischen diesen beiden Berufsgruppen derzeit noch keine Teamarbeit „auf Augenhöhe“ erfolgt, zudem weisen sie auf fehlende Kriterien hin, anhand derer die Zielerreichung der Teamarbeit überprüft werden kann.
Die Autorinnen und Autoren selbst thematisieren Probleme bezogen auf die selektive Stichprobe und halten für eine verlässliche, vertiefte Aussage zukünftig umfangreiche Untersuchungen ganzer Kollegien unterschiedlicher Bundesländer für sinnvoll. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Autorinnen und Autoren zwar im Rahmen von Gruppenbildung (z.B. Sonderpädagoginnen/-pädagogen vs. Regelschullehrkräfte) eine Differenzierung ihrer Befunde erstreben, dabei aber möglicherweise bedeutende Aspekte (z.B. Schulform, zielidentischer oder zieldifferenter Kontext) nicht berücksichtigen. Auch ziehen sie aus ihren Beobachtungen weitreichende Schlussfolgerungen über die Rolle von Sonderpädagoginnen und –pädagogen in der Klasse, ohne diese immer durch ihre Daten absichern zu können.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die Studie zwar als eine interessante empirische Annäherung zu einer differenzierten Erfassung der Bewertung von Kommunikation und Kooperation in inklusivem Kontext aus Sicht der beteiligten unterschiedlichen Berufsgruppen. Ohne weiterführende Untersuchungen bleibt jedoch ein Teil der Schlussfolgerungen vorläufig spekulativ und einige möglicherweise wichtige Faktoren bleiben unberücksichtigt.
Im Rahmen der inklusiven Gestaltung des Unterrichts arbeiten Regelschullehrkräfte mit Sonderpädagoginnen oder Sonderpädagogen als Team zusammen. Dadurch stellt sich die pädagogische Herausforderung, dass sich die Rolle des Lehrers in inklusiven Unterrichtssettings – vor allem im Rahmen gemeinsamen Unterrichts – vom „Einzelkämpfer“ zum „Teamplayer“ entwickeln muss. Folglich wird eine gelingende Zusammenarbeit zwischen den beiden Berufsgruppen zu einer tragenden Säule für erfolgreichen Unterricht.
Die Autorinnen und Autoren greifen für die zentrale theoretische Grundlage ihrer Arbeit eine Definition von pädagogischer Kooperation unter Rückgriff auf einschlägige Fachliteratur auf, welche insbesondere das Auftreten von Kooperations-Herausforderungen wie Problemen auf der Sach-, Beziehungs- und Organisationsebene betont. Auch wegen dieser Unterscheidung unterschiedlicher Problemlagen halten die Autorinnen und Autoren den Übertrag dieses Kooperationsverständnisses auf ihren Untersuchungsgegenstand, die Zusammenarbeit von Sonderpädagoginnen und –pädagogen und Regelschullehrkräften in inklusiven Unterrichtssettings, für geeignet.
Mit dem von den Autorinnen und Autoren kurz referierten Forschungsstand zur pädagogischen Kooperation wird dargestellt, dass es in den oft mehr oder weniger zufällig entstehenden Kooperationsteams an klaren Zielvereinbarungen mangelt, wodurch die Zusammenarbeit nicht auch als Verbesserung der Arbeitssituation wahrgenommen werde. Fehlende Rahmenbedingungen hätten zudem dazu geführt, dass Schulen ohne äußere Orientierung an Richtlinien die Inklusion vollkommen eigenständig entwickeln müssten.
Vor diesem Hintergrund zielen die Autorinnen und Autoren darauf ab, Charakteristika der pädagogischen Kooperation (einschließlich der damit verbundenen Kommunikation) und deren Bewertung durch die Lehrkräfte herauszuarbeiten, um eine Basis für die Entwicklung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen in diesem Bereich zu gewinnen und zukünftige Forschungsarbeiten vorbereiten zu können. Darüber hinaus soll geprüft werden, ob gruppenspezifische Unterschiede, z.B. zwischen den beiden Berufsgruppen Regelschullehrkraft und Lehrkraft für Sonderpädagogik, existieren.
Den methodischen Kern der Untersuchung bildet die statistische Auswertung eines Fragebogens, welcher von Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen sowie Regelschullehrkräften beantwortet wurde. Erhoben wurden soziodemografische Merkmale zu Person und Berufssituation der Befragten sowie Kennzeichen der zwischen den Berufsgruppen stattfindenden Teamkommunikation (Häufigkeit, Dauer, Setting, inhaltliche Ausgestaltung). Zur Erfassung der Merkmale und der Bewertung der pädagogischen Kooperation wurden eigens entwickelte Items sowie eine modifizierte Form des „Fragebogens zur Arbeit im Team“ (FAT) eingesetzt, welcher aus der Arbeits- und Organisationspsychologie stammt und die Dimensionen „Strukturorientierung“ (Zielorientierung, Aufgabenbewältigung) und „Personenorientierung“ (Zusammenhalt, Verantwortungsübernahme) erschließt. Abschließend wurde nach einem Gesamturteil der befragten Lehrkräfte zu Kooperation und Kommunikation gefragt. Von den Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen wurden zusätzliche Angaben (Einsatzspektrum, Anzahl der von ihnen betreuten Schulen und Klassen, Teamgröße) erfragt.
Die zwischen Okt. 2012 und Apr. 2013 durchgeführte Befragung erfolgte, indem Schulen in Schleswig-Holstein, Hamburg und Nordrhein-Westfalen nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und deren jeweilige Schulleitung mit der Bitte angeschrieben wurde, die Fragebögen an Lehrkräfte weiterzuleiten, die in inklusiven Settings tätig sind. Es wurde eine Rücklaufquote von 37,5% erreicht. Auf diese Weise wurden Antworten von 245 Lehrkräften erfasst (84% weiblich, 16% männlich; 107 Regelschullehrkräfte, 138 Sonderpädagoginnen oder Sonderpädagogen). Im Durchschnitt verfügten die Befragten über 17,46 Dienstjahre und hiervon 7,36 Jahre über Erfahrungen in integrativen / inklusiven Kontexten. Beinahe ¾ der Lehrkräfte unterrichten im Primarstufenbereich, als durchschnittliche Klassengröße wurden 20,6 Lernende angegeben, wovon im Mittel vier sonderpädagogischen Förderbedarf aufwiesen.
Für die gruppenvergleichenden Analysen wurde unterschieden zwischen:
Die Auswertungen erfolgten mittels deskriptiver Analysen. Für die Ermittlung von signifikanten Gruppenunterschieden wurde aufgrund der fehlenden Normalverteilung der Daten auf den Mann-Withney-U-Test zurückgegriffen und es wurden Unterschiedshypothesen gebildet.
Die Autorinnen und Autoren ermittelten für die Teamkommunikation eine durchschnittliche Gesamtdauer von 70 Minuten (Medianwert) pro Woche. Daran hatten Teamsitzungen und „Gespräche zwischen Tür und Angel“ den größten Anteil.
Den Inhalt der Teamkommunikation machten vor allem der Leistungsstand und die sozial- emotionalen Befindlichkeiten der Schüler sowie Unterrichtsthemen und organisatorische Fragen aus. Seltener tauschten sich die Teampartner über Fragen der Didaktik, der Diagnostik und der Zusammenarbeit aus. Dabei kommunizierten Lehrkräfte, die eher zufrieden mit ihrer Kooperation sind, signifikant häufiger zu den Themen Zusammenarbeit, Diagnostik, Didaktik, Organisation und Unterrichtsthemen als Lehrkräfte, die mit der Kooperation eher unzufrieden sind. Hinsichtlich der Dauer der jeweiligen Teamkommunikation schwanken die Angaben erheblich (z.B. eine zeitliche Spanne von 5 bis 180 Minuten pro Woche für Teamsitzungen).
Die Tatsache, dass die „Gespräche zwischen Tür und Angel“ einen großen Raum einnehmen, zeige aus Sicht der Autorinnen und Autoren, dass offensichtlich großer Besprechungsbedarf bei gleichzeitig nicht hinreichenden Zeitreserven bestehe, zumal ein Teil der Sonderpädagoginnen und –pädagogen mit einer großen Zahl von Kolleginnen und Kollegen kooperieren müsse. Letzteres begründen die Autorinnen und Autoren mit dem Ergebnis, dass im Mittel ein Sonderpädagoge bzw. eine Sonderpädagogin mit 6 Regelschullehrkräften in inklusiven Settings kooperiert und durchschnittlich in 4 Klassen eingesetzt wird. Hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Teamkommunikation bewerten die Autorinnen und Autoren die schülerbezogene und thematische Schwerpunktbildung als positiv, halten andererseits aber den geringen Anteil der Themen Didaktik, Diagnostik und Zusammenarbeit für bemerkenswert und nicht ausreichend erklärt.
Die Bewertung der Kooperation durch die daran Beteiligten wird in der Studie zweigeteilt präsentiert:
1. Die Befragten schätzten die Zusammenarbeit im Mittel weder als zu arbeitsintensiv noch als zu zeitintensiv ein, noch hielten sie sich für die Aufgabe für nicht ausgebildet. Die Kooperation wurde zudem insgesamt als Arbeitserleichterung empfunden und sowohl für die Lehrkräfte als auch für die Schülerinnen und Schüler als Bereicherung gewertet. Allerdings stimmten die Sonderpädagoginnen und –pädagogen einem Teil der positiven Aussagen zur Kooperation nur in unterdurchschnittlichem Maße zu.
Die Gesamtbeurteilung der Teamkommunikation zeigt, dass 207 von 239 Befragten damit eher zufrieden als unzufrieden sind. Ein ähnliches Ergebnis liegt bei der Frage nach der Zufriedenheit mit der Kooperation vor (200 von 237 Befragten äußerten sich eher zufrieden).
2. Gruppenspezifische Unterschiede:
Hier zeigt sich, dass die Antworttendenzen bei Sonderpädagoginnen und -pädagogen in Bezug auf die Arbeit im Team in der Regel negativer ausfallen als bei Regelschullehrkräften, vor allem in den Bereichen Ziel- und Personenorientierung. Konkret zeigen sich hier signifikante Unterschiede in der Antworttendenz der Sonderpädagoginnen und –pädagogen, die z.B. die Items „ Die Ziele sind uns klar“; „Ich identifiziere mich mit den Zielen des Teams“; „Wir reden offen und frei miteinander“ und „Die Teammitglieder helfen sich gegenseitig, wenn einer in Zeitnot gerät“ negativer bewerten als die Regelschullehrkräfte. Auch im Hinblick auf die Frage, inwiefern sich die Lehrkräfte für die Kooperation ausgebildet fühlen, zeigen sich Effekte in den Antworttendenzen der Sonderpädagoginnen und –pädagogen, die dies negativer einschätzen als die Regelschullehrkräfte.
Schließlich zeigt sich, dass Männer die Zusammenarbeit als zeitintensiver empfinden als Frauen. Lediglich geringe Effekte haben hingegen das Dienstalter und die Frage, ob das Team gleich- oder gemischtgeschlechtlich war.
Die Autorinnen und Autoren der Studie vermuten hinter den konsistent kritischeren Einschätzungen der Kooperation durch die Sonderpädagoginnen und –pädagogen einen anderen Qualitätsmaßstab, der von dieser Berufsgruppe angesetzt werde. Die Autorinnen und Autoren halten sogar für möglich, dass die Sonderpädagoginnen und –pädagogen den praktizierten gemeinsamen Unterricht nicht als geeigneten Förderort für alle Schülerinnen und Schüler empfänden. Für die Sonderpädagoginnen und –pädagogen stelle sich die Situation auch insofern als belastender dar, da diese mit vielen Regelschullehrkräften zusammenarbeiten müssten.
Darüber hinaus problematisieren die Autorinnen und Autoren v.a. die Ergebnisse hinsichtlich der Zielorientierung: Aus der Tatsache, dass bei den Lehrkräften v.a. hinsichtlich der Kriterien der Zielerreichung inklusiven Unterrichts keine Klarheit bestehe, leiten sie ab, dass sich Probleme für die Entwicklung eines zielgerichteten Vorgehens und einer anschließenden Bewertung des gemeinsamen inklusiven Unterrichts ergeben können. Diese Situation werde dadurch verschärft, dass in einigen Bundesländern verbindliche Vorgaben zum Thema inklusive Schulen fehlten, an denen sich pädagogisches Handeln orientieren könne, so dass jedes Team die Strukturierung seines Handelns weitgehend eigenständig leisten müsse.
Eine abschließende Bewertung der Untersuchung gestaltet sich zwiespältig: Anzuerkennen ist die hochgradig relevante Fragestellung nach der Kooperation von Sonderpädagoginnen bzw. -pädagogen und Regelschullehrkräften im inklusiven Kontext. Auch die Befunde, dass die Kooperation zwar im Wesentlichen positiv wahrgenommen, jedoch von Sonderschullehrerinnen und –lehrern statistisch nachweisbar kritischer gewertet wird als von Regelschullehrkräften, und dass offenbar im Bereich der Zielorientierung bemerkenswerte Unsicherheiten und beim Zeitbedarf Probleme bestehen, sind sehr bedeutsam für die zukünftige Ausgestaltung der Inklusion. Die Fragestellungen nach zentralen Merkmalen dieser Kooperation, (berufsgruppenbezogenen) Unterschieden und Problemlagen in der Zusammenarbeit sind somit anschlussfähig an Bedürfnisse der Schulpraxis.
Gleichzeitig erweist sich der Nachvollzug der angelegten Forschungslogik an einigen Stellen als problematisch und die Studie unterliegt – wie die Autorinnen und Autoren selbst einräumen – einigen Limitationen, so dass die Plausibilität der von ihnen getroffenen Aussagen nicht voll umfänglich gegeben ist: Bezüglich der theoretischen Fundierung ist die herangezogene Definition zur pädagogischen Kooperation und ihr Übertrag auf Kooperation in inklusiven Settings einleuchtend, jedoch scheinen die zumindest im Ergebnisteil dann unterschiedenen Konstrukte „Teamkommunikation“ und „pädagogische Kooperation“ nicht trennscharf. Inwiefern teambezogene Kommunikation bereits ein zentraler Bestandteil von pädagogischer Kooperation ist, wäre kritisch zu diskutieren. Dass hier womöglich eine mangelnde Trennschärfe vorliegt, zeigt sich auch im unterschiedlichen Sprachgebrauch (mal „Teamkommunikation“, mal „Teamkooperation“).
Der methodische Rückgriff auf den Mann-Whitney-U-Test erscheint angesichts der fehlenden Normalverteilung angemessen, und mittels dieses Analyseverfahrens werden bezogen auf die Fragestellungen der Untersuchung signifikante Unterschiede in den zentralen Antworttendenzen der betrachteten Gruppen ermittelt. Allerdings werden diesbezüglich die von den Autorinnen und Autoren erwähnten Unterschiedshypothesen sowie deren theoretische Herleitung nicht expliziert. Hinsichtlich der gefundenen signifikanten Unterschiede bleibt zudem unklar, wie stark diese Effekte sind – hier wäre die Berechnung von Effektstärken wünschenswert gewesen.
Schließlich unterliegt die Studie vor allem im Hinblick auf die selektive Stichprobe einigen Beschränkungen, wozu die Autorinnen und Autoren selbst entsprechend kritische Einschätzungen vornehmen: So fällt auf, dass in dem Sample der Anteil der Männer unterrepräsentiert ist und insgesamt Primarschulen überrepräsentiert sind. Zudem lassen der Rücklauf von 37,5 % sowie die Tatsache, dass die Fragebögen auf dem Umweg über die Schulleiter an die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer weitergeleitet wurden, vermuten, dass die Befragten keiner echten Zufallsstichprobe entsprechen, sondern dass eine selektive Gewichtung stattgefunden hat. So halten es die Verfasserinnen und Verfasser der Studie für möglich, dass sich vornehmlich engagierte Lehrkräfte mit besonders hoher Kooperationsqualität an der Befragung beteiligten. Die Autorinnen und Autoren mahnen eine höhere Repräsentativität zukünftiger Untersuchungen an, wobei insbesondere die Befragung kompletter Kollegien für Klarheit sorgen könnte. Sie stellen zudem heraus, dass es sich bei den verwendeten Daten um Selbstauskünfte der Lehrkräfte handelt, bei denen Urteilsverzerrungen und Versuche einer Selbstdarstellung nicht auszuschließen seien. Die Autorinnen und Autoren empfehlen daher, in zukünftigen Studien ergänzend Auskünfte von Schülerinnen und Schülern oder Eltern einzuholen, um zu verlässlicheren Daten zu gelangen. Auch die Tatsache, dass pädagogische Kooperation in jedem Bundesland andere strukturelle Voraussetzungen und unterschiedliche institutionelle Regelungen hat, wird thematisiert. Eine Ausweitung der quantitativen Untersuchung auf die gesamte Bundesrepublik wird daher angeregt.
Eine Reihe etwaiger Problemfelder lassen die Autorinnen und Autoren allerdings in der Diskussion unberücksichtigt. So erwähnen sie zutreffend, dass vornehmlich Lehrerinnen und Lehrer aus dem Primarstufenkontext befragt wurden. Der Frage, ob sich die Kooperation von Inklusionsteams an unterschiedlichen Schulformen verschieden gestaltet, wird jedoch nicht nachgegangen. Dies wäre insofern interessant, da Klassen in der Primarstufe zumeist von weniger Regelschullehrkräften betreut werden als in der Sekundarstufe, woraus sich eine vollkommen andere Kommunikationssituation ergibt. Auch spielt der Faktor, ob in zielgleichen oder zieldifferenten Kontexten unterrichtet wurde, für derartige Untersuchungen womöglich eine Rolle für die Ausgestaltung der Kooperation.
Einige Einschätzungen der Autorinnen und Autoren im Diskussionsteil erscheinen sehr spekulativ, bzw. sind anhand der dargestellten Datenlage nicht hinreichend belegt. Letzteres betrifft etwa die Aussage, dass es der häufigere Austausch sei, der die „Zufriedenheit mit der Kooperation positiv beeinflusst“ – dargelegt wurden jedoch gefundene Gruppenunterschiede und keine Zusammenhangsanalyse, die diese Interpretation tatsächlich stützen würde. Auch vermuten die Autorinnen und Autoren, ohne dies näher zu belegen, dass Sonderpädagoginnen und –pädagogen in vielen Klassen lediglich als Gäste – eventuell gar als Eindringlinge – gesehen würden (und sich evtl. selbst so empfänden), was die geringere Zufriedenheit mit der Kooperation erklären könnte. Dies werten sie als eine Folge der Tatsache, dass Sonderpädagoginnen und –pädagogen oftmals in mehreren Klassen tätig sind und somit eine weniger enge Beziehung zum Teampartner aufbauen könnten. Hieraus wiederum leiten sie ab, dass vor allem die Sonderpädagoginnen und –pädagogen Kompensationsleistungen erbringen würden, um einen komplikationslosen Ablauf des Unterrichtens in inklusiven Settings zu ermöglichen.
Die Autorinnen und Autoren liefern allerdings keine Angaben zum tatsächlichen Umfang des gemeinsamen Unterrichts (d.h. wie häufig nimmt der Sonderpädagoge bzw. die Sonderpädagogin am Unterricht der Klasse teil). Dies wäre allerdings wichtig, um die Schlussfolgerungen der Autorinnen und Autoren hinsichtlich der „Gastrolle“ der Sonderpädagoginnen und –pädagogen in der Klasse nachvollziehen zu können. Wäre es nicht auch denkbar, dass eine Regelschullehrerin bzw. ein Regelschullehrer viel weniger Zeit in einer Klasse verbringt als der Sonderpädagoge bzw. die –pädagogin, so dass eigentlich den Regelschullehrern die „Gastrolle“ in einer Schulklasse zugesprochen werden müsste? Dies wäre gerade für entsprechende Untersuchungen im Sekundarbereich eine interessante Fragestellung und stellt hier eine Umkehrung der von den Autorinnen und Autoren vermittelten Perspektive mit weitreichenden Konsequenzen für ihre Argumentation dar.
Der von den Autorinnen und Autoren artikulierte Forschungsbedarf, den sie aus ihren Ergebnissen ableiten, erscheint schlüssig. So erscheint es in der Tat lohnenswert, vor allem die Gruppe der mit der Kooperation Unzufriedenen näher zu untersuchen. Mit Blick auf die gefundenen Unterschiede in den Berufsgruppen dürfte insgesamt auch von Interesse sein, wie die Zusammenarbeit der tatsächlich miteinander kooperierenden Personen bewertet wird und inwiefern sich hier Unterschiede zwischen der jeweiligen Regelschullehrkraft und dem Sonderpädagogen bzw. der Sonderpädagogin zeigen. Dies impliziert gerade hinsichtlich der auch von den Autorinnen und Autoren artikulierten Notwendigkeit, für die Evaluation der Kooperation in inklusiven Unterrichtssettings Kriterien der Zielüberprüfung zu entwickeln, Handlungsbedarf.
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